ArganArgan: Wie alles begann
Oft sind es die zufälligen Begegnungen, die bemerkenswerte Früchte tragen.
Im November 2004 lernte ich einem marokkanischen Geschäftsmann kennen, der über ein „Wunderöl“ aus seiner Heimat Marokko berichtete. Arganöl (argania spinosa kernel oil, Huile d’argan, argan oil), so wird das Öl genannt, von Berbern seit Jahrhunderten mühsam von Hand hergestellt.
Gepresst aus den Früchten des Arganbaums, einem der ältesten Bäume der Welt. Ein Baum, der nur noch in einer kleinen Region in Südwest-Marokko wächst, sonst nirgendwo auf der Welt. Ein Öl mit außerordentlich positiven Eigenschaften innerlich und äußerlich. Der wunderbar nussige Geschmack macht das Speise-Öl in der feinen Küche unverzichtbar.
Die wertvollen Inhaltsstoffe machen das Öl (geröstet oder neutral) zur idealen Nahrungsergänzung. In der Kosmetik gilt Arganöl als 100% natürliche Anti-Aging-Pflege.
Warum kennt niemand das „Gold Marokkos“?
Aber zurück zum Anfang: Neugierig geworden begann ich zu recherchieren: Bei Wikipedia war nichts über Arganöl zu lesen und bei Google fand ich lediglich drei kleine Anmerkungen. Fachleute im Kosmetik- und Lebensmittelmarkt zuckten nur mit den Schultern bei der Frage nach Arganöl. Ein Apotheker aus Frankfurt reichte mir ein kleines braunes Fläschchen mit einem weißen Aufkleber, auf dem mit Hand geschrieben stand: „Nahrungsergänzungsmittel“ – das also sollte das geheimnissvolle „Wunderöl“ sein?
Wer sucht, der findet! Die Wissenschaft zu Arganöl
Die Suche nach wissenschaftlichen Erkenntnissen über Arganöl führte zuerst nach Frankreich. Professor Dr. Rachid Soulimani von der Universität Metz, ein bedeutender Phytopharmakologe, berichtete über seine erfolgreichen Studien zu den cholesterinsenkenden Eigenschaften von Arganöl und die besonderen dermatologischen Wirkungen der Inhaltsstoffe, wie der ungewöhnlich hohe Anteil an Gamma-Tocopherol (eine besondere Form des Vitamin-E, das in der Krebsforschung überraschende Ergebnisse gegenüber dem häufiger vorkommenden Alpha-Tocopherol zeigte) *1).
Prof. Robert Owen vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg machte auf die zahlreichen Studien der Biochemie-Professorin Dr. Zoubida Charrouf von der Science Faculty of Mohamed V in Rabat, Marokko aufmerksam (www.researchgate.net /profile/Zoubida-Charrouf).
Und auch ein renommierter Immunologe in München interessierte sich für das „Gold Marokkos“. Dr. med. Peter Schleicher, Leiter des Instituts zur Erforschung neuer Therapieverfahren chronischer Erkrankungen schrieb 2004 ein Buch über die zahlreichen positiven innerlichen und äußerlichen Wirkweisen von Arganöl.
Er bestätigte die einzigartige Kombination pflanzlicher Sterole und die besondere antioxidative Wirkung von Arganöl sowohl in der Ernährung wie auch in der Hautpflege.
1) Association Between Alpha-Tocopherol, Gamma-Tocopherol, Selenium, and Subsequent Prostate Cancer (Journal of the National Cancer Institute, Vol. 92, No. 24, December 20, 2000)
Es sind die Frauen, die "das Gold Marokkos" herstellen
Überzeugt von den wissenschaftlichen Studien und fasziniert von den erstaunlichen Eigenschaften dieses Naturproduktes, begann meine erste Reise in den Südwesten Marokkos in die Arganeraie (UNESCO Biosphären-Reservat). Ich wollte „Das Gold Marokkos“ wie es auch genannt wird, entdecken. Und vor allem die Menschen in den Berberdörfern, die diesen einzigartigen Schatz der Natur seit Jahrhunderten nur mit Händen und Steinwerkzeugen herstellen.
Mit einem Führer der U.C.F.A. (Union des Cooperatives des femmes de l’Arganeraie), der größten Dachorganisation der Frauenkooperativen in dieser Region, ging es durch die Täler des Atlasgebirges in die Region Souss-Massa-Draa zu den Dörfern der Amazigh-Berber. Es erwartete mich ein herzlicher Empfang mit leckerem Arganöl, selbstgebackenem Fladenbrot und köstlichem Amlou, einer Creme aus Arganöl, Mandelmus und Honig.
In einem Lehmhaus saßen Berberinnen im Kreis auf Ziegenwollteppichen, fröhlich singend produzierten sie das kostbare Arganöl von Hand wie seit Jahrhunderten. Mit flinken Fingern und einem Steinkeil wurden die harten Kerne der Arganfrucht aufgeschlagen, um an die kleinen Arganmandeln zu kommen. Die Mandeln wurden am Holzkohlefeuer geröstet (das gibt den fein-nussigen Geschmack des Speiseöls) und wanderten in das Loch von Steinmühlen, wo sie mühsam von Hand zu einem Mandelteig gemahlen wurden. Durch minutenlanges Kneten wurde das wertvolle Öl aus dem braunen Teig herausgearbeitet und Tropfen für Tropfen in Tonschalen aufgefangen. So also wurde das mystische Arganöl seit fast 800 Jahren von marokkanischen Berberfrauen Arganöl hergestellt.
Ein Tropfen vom Arganöl heisst die Babys auf der Welt Willkommen
„Man benötigt ca. 30 Kilo Früchte (etwa die Ernte von 7 bis 8 Arganbäumen) und die schwere Arbeit von rund 24 Stunden um eine Liter Arganöl herzustellen“, erklärt uns Mina Ait El Moudden, die Geschäftsführerin der Frauenkooperativen der U.C.F.A. „Der Arganbaum ist den Berbern heilig. Sie verwenden das Öl als Lebensmittel, zur Haut- und Haarpflege und als Medizin“, erläutert Mina. „Babys bekommen noch vor dem ersten Schluck Muttermilch einen Tropfen Arganöl auf die Zunge und werden mit dem Öl eingecremt“. Aus Ehrfurcht vor dem „Baum des Lebens“. Er soll ihnen Gesundheit und Glück bringen.“
Tradition und wirtschaftlicher Erfolg schienen unvereinbar
„Doch die Existenz der Kooperativen, das Einkommen der Berberfrauen und deren Familien, ja der Arganbaum selbst sind bedroht“, fährt Mina fort. Angelockt vom „Gold Marokkos“ begannen private Firmen in den Städten mit industriellen Pressmaschinen Arganöl zu produzieren. Hoch effizient, deutlich billiger, aber zum Nachteil der Qualität des Öls und der Berberfamilien.
„Die Frauenkooperativen verkaufen ihr handgepresstes Arganöl nur auf regionalen Märkten zu deutlich billigeren Preisen, da die marokkanischen Händler lieber modernen Maschinen vertrauen als „Frauenarbeit“, erzählt uns der Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) vor Ort in Agadir. „Die Lebensgrundlage der Berberfamilien droht verloren zu gehen, verbunden mit Armut und Landflucht in die Städte. Mit dem Auswandern der jungen Frauen geht auch das Wissen und die jahrhundertalte Tradition der einzigartigen Herstellung des Arganöls mittels Handpressung verloren.
Der "Baum des Lebens" drohte auszusterben
„Der Arganbaum ist vom Aussterben bedroht und damit das ökologische Gleichgewicht im Grenzgebiet zur Westsahara“, erklärt uns die GIZ. „Ihr Dasein ist von grundsätzlicher Bedeutung gegen die Ausweitung der Wüste für diese Region. Bis zu 30 Meter treibt der Baum seine Wurzeln in die Tiefe und hält den Boden bei Sandstürmen fest. Dank der Arganie bleibt die biologische Vielfalt für Tier und Pflanzen erhalten.“
Hilfe zur Selbsthilfe: Ausbildung und sichereres Einkommen für die Kooperativen
Schnell war klar, hier müssen und können wir helfen, um den Menschen und der Region wieder eine Perspektive für die Zukunft zu geben. Wenn wir das köstliche und wertvolle Öl in Deutschland bekannt machen und verkaufen, schaffen wir nicht nur ein sicheres Einkommen für die Berberfamilien sondern können gleichzeitig die vielen Feinschmecker in Deutschland mit einem einzigartigen Öl begeistern. Dazu mussten auch die notwendigen rechtlichen Standards der biologischen EU-Verordnungen umgesetzt und gesichert werden. Dazu brauchten wir kompetente Partner, die das gleich Ziel hatten.
Zuweilen ein Spagat: Tradition und Moderne vereinbaren
In Kooperation mit den Experten der GIZ wurde ein Public-Privat-Partnership (PPP)-Projekt, das die unterschiedlichen Stärken der Partner zielgerichtet kombiniert und neue Impulse bei der Entwicklung der Frauenkooperativen der U.C.F.A. und der Arganeraie kombiniert. Zurück in Deutschland wurde Arganöl auf der BIOFACH/VIVANESS, der Weltleitmesse für biologische Produkte erstmalig dem deutschen Handel vorgestellt.
Fast 17 Jahre später...
Arganöl hat einen festen Platz in den Küchen von Profis wie von Hobby-Köch*innnen. Es ist vielseitig einsetzbar und mittlerweile wurden ihm ganze Kochbücher gewidmet. Hier ein paar Anregungen und Rezepte.
Als 100% natürliche Nahrungsergänzung sorgt der tägliche Teelöffel Arganöl, (geröstet oder ungeröstet) pur oder in Saft, für eine wirkstoffreiche Anti-Aging Pflege von Innen.
Und auch in den Badezimmern ist Arganöl nicht mehr wegzudenken. Ob als Haut- oder Haarpflege hat sich das Naturprodukt mit einem außergewöhnlichen Wirkungsspektrum bewährt. Hier zertifizierte Bio- und Naturkosmetik mit Arganöl.
Und in Marokko...
Neue Frauenkooperativen haben sich gebildet und zusammengeschlossen. Die traditionelle Handpressung wurde von der UNESCO in die „Liste des dringend erhaltungsbedürftigen Immateriellen Kulturerbes“ aufgenommen. Die Großmütter geben die Fertigkeiten an Ihre Töchter weiter und die Tradition wird erhalten. Parallel arbeiten die jungen Berberinnen mit mechanischen Schneckenpressen. Diese „erste Kaltpressung“, garantiert den Erhalt der wichtigen Inhaltsstoffe, ersetzt aber die anstrengende Handpressung. Es erhöht den Ertrag, das Einkommen und so auch das Ansehen der Kooperativen und Familien und sorgt auch bei steigender Nachfrage auf dem Weltmarkt dafür, dass keine Abwanderung in die Fabriken in den Städten erfolgen muss.
– Rudolf und Ursula Bresink –